Die Entschlüsselung der luwisch–hethitischen Hieroglyphen

In den späthethitischen Fürstentümern Karagamis, wie in Karatepe verwendete man weiterentwickelte luwische Hieroglyphen, das Luwische war eine hethitische Sprache. Im Zusammenhang mit den vielen Königsnamen in Hieroglyphen auf den Reliefs bildeten sie mit den phönizischen Texten auf Orthostaten in Karatepe eine Bilingue, und es gelang damit eine Entschlüsselung. ( Vorher bekannte bilingue (=zweisprachige) Siegel auf den Briefen reichten nicht dazu, sie hatten nicht genug Information oder Bezüge aufzuweisen.) Der Zusammenhang mit den Hieroglyphen der Grossreichszeit ist so eng, dass man damit alle hethitischen Hieroglyphen lesen kann.

Helmuth Theodor Bossert entdeckte mit Halet Çambel einen Löwenstein in Karatepe in den schwarzen Bergen. Den Hinweis erhielt er von Ekrem Kușçu, dieser vermittels eines Abdullah und Überlieferungen.
Der Löwenstein sollte sich später als zwei Stiere herausstellen. Der Löwenstein war der Sockel einer daneben liegenden umgestürzten Statue mit semitischen Inschriften, die als aramäisch vermutet, sich als phönizisch, sogar als frühes, herausstellten. Skulptur und Sockel selbst waren aber eindeutig hethitisch.

Es ist eine Besonderheit, dass sich die hethitischen Fürstentümer in provinzieller Reinheit ein halbes Jahrtausend erhalten konnten. Bossert hoffte eine Bilingue zu entdecken und begann März / April 1947 mit Sondierungen oder Probegrabungen.
Bossert zur Seite stand sein Schüler Bahadir Alkim, dessen wissenschaftliche Ausbildung wegen der Modernisierung der Türkei unter Atatürk möglich war. Bei der vierwöchigen Sondage entdeckten sie schon vieles und fanden Orthostaten in situ, also so, wie sie in originaler Anordnung positioniert waren.

Auf dem Gelände fanden sich Bruchstücke von Reliefs und hieroglyphische Bruchstücke.
Bisher hatte man nur bilingue Siegel gefunden, die aber zu wenig Information für eine Entschlüsselung enthielten, wie zum Beispiel:

Das zylindrische Indilimma Siegel

(© 2008-2016 Scuola Normale Superiore Laboratorio di Storia, Archeologia, Epigrafia, Tradizione dell'antico, soweit ich sehe, darf ich das Bild hier nutzen.)

Es zeigt links hieroglyphische Zeichen , dann Vater und Sohn dann Keilschrift. Der König war eigentlich nur wegen der Siegel bekannt.
( Hier haben wir keine eindeutige Abbildung, da es ähnlich von anderen Kulturen existiert, und von Yamhad beeinflusst war. Zur Entzifferung trug es nicht bei. /archive.org/ Seite 50 ).

Das
Tabarna Siegel

© Archäologisches Museum Bogazkoy
und das
Tarkumuwa Siegel

/AlteSchriften/Hieroglyphen/

Einzig bekannte Hieroglyphe war "ich machte".

Bei einer der letzten Sondagen, die für eine Freilegung nicht mehr reichten, fand er einen Orthostat mit phönizischer Inschrift und einen der hieroglyphische Zeichen trug. Er verschüttete sie wieder, da Bossert auf zukünftigen Effekt bedacht war. Er wollte im September 1947 zu einer regelrechten Grabung wiederkommen.

Er erhielt Geld, um einige Arbeiter anzustellen. Orakelhaft schritt er dann im September das Gelände ab, und meinte, eine gewisse Stelle erachte er für erfolgversprechend. Es fand sich dann dort ein Orthostat mit phönizischer Inschrift.

Er zeigte auf eine zweite Stelle, wo er, wie er wusste, die Hieroglyphen sondiert hatte, doch als dieser Orthostat freigelegt war, erkannte er dass er sich geirrt hatte, das waren keine Hieroglyphen, sondern nur Verwitterungen, die ihnen geähnelt hatten. Bossert sah den Erfolg in Gefahr, obwohl auch so die Ausgrabung einigermaßen erfolgreich sein könnte, allerdings verging ihm der Enthusiasmus. Dennoch liess er weitergraben. Tatsächlich fanden sich die ersehnten Hieroglyphen in einem Meter Entfernung!

Der zweite Teil der Forschung bestand im Beginn der Entschlüsselung.

Die phönizischen Texte wurden übersetzt, wobei beinah wegen der Schlamperei des hethitischen Schreibers ein Fehler gemacht wurde und ein König falsch neu zugeordnet worden wäre, denn in dem Satz "die Töchter und Söhne des Ich", wurde wegen der Sinnlosigkeit des Wortes "Ich" von einem Experten der phönizischen Sprache auf einen neuen König "Anek" (oder "Inak") geschlossen, was sich aber in der Diskussion mit den restlichen an der Übersetzung beteiligten Phönizienwissenschaftlern als grammatische Schlamperei des Schreibers herausstellte, dieser verknüpfte "ich" mit der dritten Person Singular.

Das Phönizische wird ohne Vokale geschrieben, der König hiess ztwd, was Bossert zu Asitawandas ( heute als Azatiwada ) ergänzen konnte, denn die Hieroglyphen waren vokalhaltig. Interessanterweise bezeichnen sie teils ganze Begriffe, teils Silben.

Bossert hatte einen sprachbegabten Studenten, Franz Steinherr, der bisher in in der Türkei geschäftliche Korrespondenz bearbeitete. Dieser holte das Abitur, Latein und Griechisch für ein Studium, um seine Sprachkenntnisse archäologisch nutzbar zu machen, nach und Bossert richtete seine Vorlesungen auf ihn aus, und besprach die phönizischen Texte.

Als erstes Stand der Nachweis aus, dass es sich bei den Hieroglyphen– und phönizischen Texten um dieselben handelte. Dazu wurden die Texte sortiert und bei den Hieroglyphen angefangen, sie in eine Ordnung zu bringen. Man wusste nicht wo die Texte begannen.
Bei den Ausgrabungen strich Steinherr beiläufig über eine Sphinx, als sich der Staub löste entdeckte er, dass sie mit Hieroglyphen bedeckt war.

wikipedia.org/Karatepe-Arslantaş

wikipedia.org/Bilingue_von_Karatepe

Auf diesen konnte dann die Hieroglyphe des Königs Asitawandas identifiziert werden, der auch im phönizischen Text vorkam. Damit war klar, dass es sich um die Bilingue handelte.

Als nächstes musste ein ganzer Satz übersetzt werden.

Steinherr war mit dem Sortieren der phönizischen Texte und Hieroglyphen, während er seiner regelmäßigen Arbeit einer Krankenhauskorrespondenz nachging, so intensiv beschäftigt, dass er sie auswendig kannte.

In einer Vorlesung Bosserts wurde dann der phönizische Textabschnitt "...und ich machte Pferd zu Pferd und Schild zu Schild..." behandelt.

Marek in seinem Bericht in Enges Tal und schwarzer Berg schildert nun, dass Steinherr bis Abends in die Nacht arbeitete und übermüdet ins Bett ging, und sich seine Gedanken in den Träumen weiterspannen; er erwachte davon, dass er deutlich ein Hieroglyphenstück vor sich sah, auf dem zwei Pferdeköpfe aufeinander folgten, dieses Stück gab es auch wirklich und zusammen mit der schon bekannten Hieroglyphe "ich machte," war das "und ich machte Pferd zu Pferd" aus den Hieroglyphen übersetzt.

Es entsprachen sich zwei Sätze man hatte in Karaterpe eine Bilingue vor sich.

Bossert steuerte noch intuitiv bei, wo der Anfang der Hieroglypheninschrift stand. Die Hethiter schrieben allen freien Raum recht unsystematisch voll, wobei sie Fehlstellen im Stein aussparten.
Bis 1955 konnte man Hieroglyphen schon lesen. ( Das Marekbuch Enges Tal und Schwarzer Berg endet hier und Wikipedia ergänzt: )

Die Lesung vieler Silbenzeichen blieb aber nach heutigem Verständnis fehlerhaft, und so wurde die nahe Verwandtschaft der beiden ( nur leicht unterschiedenen ) luwischen Dialekte ( Keilschrift-Luwisch und Hieroglyphen-Luwisch ) noch nicht erkannt.

In den 1970er Jahren wurde nach einer gründlichen Revision der Lesung vieler Hieroglyphen durch John David Hawkins, Anna Morpurgo Davies und Günter Neumann klar, dass es sich beim Hieroglyphen-Luwischen um einen dem Keilschrift-Luwischen nahe verwandten Dialekt handelte. Diese Revision geht kurioserweise auf einen Fund außerhalb des Siedlungsbereiches der Luwier zurück, nämlich auf Maßangaben urartäischer Gefäße, die zwar in hieroglyphen-luwischer Schrift, aber in urartäischer Sprache verfasst waren: Dem bis dahin als ī gelesenen Zeichen konnte der Lautwert za zugeordnet werden, was eine Kettenreaktion auslöste und zu einer ganzen Reihe neuer Lesungen führte. Seit diesem Zeitpunkt konzentriert sich die Forschung darauf, die Gemeinsamkeiten der beiden luwischen Dialekte besser herauszuarbeiten, was zu einem wesentlich besseren Verständnis des Luwischen geführt hat.

/AlteSchriften/Hieroglyphen/luwisch, hier die Hände und Füße und so weiter.

/wikipedia.org/Luwische_Sprache


( Um Bossert kreisen Geschichten: Marek behauptet, er hätte sich in der Türkei, als pazifistischer Autor der Weimarer Republik , seine Bücher sollen auf dem SA–Verbrennungsindex gestanden haben, dankbar vor den Nazis in Sicherheit gebracht. Anders: er hätte, nach Kurt Bittel, dem Leiter der Abteilung Türkei des Deutschen Archäologischen Instituts, den "deutschen Gruß" gefordert, und als ein französischer Minister zu Besuch erschien die Hakenreuzflagge hissen lassen.
Zudem sollen er und Eckhard Unger versucht haben, die Grabungsleitung in Hattuša zu übernehmen, und Bittel und Hans Gustav Güterbock wegen angeblich fehlender deutscher Gesinnung anzuschwärzen. )